Verlust an Politikfähigkeit durch Verwaltungsmodernisierung?
Beitrag in Verwaltungsmanagement.Info, Version 1.01, 2001

Bereits 1997 konstatierte Budäus[1], dass die Bemühungen dominieren, mit denen der Mitteleinsatz perfektioniert wird, "während die Politikorientierung und damit die Effektivität sich zunehmend konfuser darstellt". Nicht das Regieren, sondern das (fraktale) Verwalten trete in den Vordergrund. Politik werde durch Verwaltung ersetzt.

Notwendig sei aber gerade im Gegenteil, "Politik durch Verwaltung zu entlasten, um mehr Freiräume für die eigentliche politisch-strategische Aufgabe zu schaffen".

Die Beurteilung dürfte zur Zeit nicht anders ausfallen. In vielen Fällen führt die Kosten- und Leistungsrechnung, wenn sie denn überhaupt brauchbare Daten liefert, zur Produktion von Berichten, die für die Führungskräfte unverständliche Antworten auf Fragen liefern, die sie nicht gestellt haben und die sie möglicherweise auch gar nicht stellen wollen. Ein darüber hinausgehendes Controlling, dass gar die Ebene politischer Wirkungen anpackt, ist kaum erkennbar. Vergessen wurde, dass Reform nur gelingen kann, wenn die maßgeblich Beteiligten, das heißt vor allem die Führungskräfte, das "Management", die Reform auch wollen. Dazu müssen sie davon überzeugt sein, dass die neuen Instrumente ihnen von Nutzen sind (s. dazu die empirischen Ergebnisse von Drumm und Scholz: "Akzeptanztheorem"). Reform, weil das Aufsichtministerium sie angeordnet hat, muss zwangsläufig scheitern.

Das wird keinesfalls schnell erkennbar sein, denn Papiere, die Erfolge vorweisen, wird es reichlich geben. Papier ist geduldig. Objektive Einschätzungen über die Akzeptanz der Reform werden nicht erhoben und sind, so scheint es, nicht erwünscht.

Es sollte den Verantwortlichen bewusst sein, dass sich in der Praxis, ob sie es wollen oder nicht, eine Art Schizophrenie herausbildet, eine allen Beteiligten bekannte Diskrepanz zwischen Schein und Wirklichkeit, die einer Reform den Boden entzieht:

• Die Mitarbeiter wissen nicht mehr, was wirklich gewollt und was nur Lippenbekenntnis ist
• sie haben kein Vertrauen, dass Reform wirklich gewollt ist,
• zumal sie erfahren haben, dass ihre Meinung nicht wirklich gefragt ist (wo sind die Mitarbeiterbefragungen, die verläßlich Auskunft geben über die Meinung und die Stimmung?).

Anmerkungen

[1] Neue Wege im Rechnungswesen und Controlling öffentlicher Einrichtungen. In: Baum, Heinz-Georg u. a. (Hrsg.): Controlling öffentlicher Einrichtungen. Stuttgart 1997, S. 43-55, 53

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Köln, 2012-03-10 . Kontakt | Impressum