MATHEMATIK IM VERGLEICH -
Ergebnisse einer Untersuchung der Oberstufen von NRW-Gesamtschulen und NRW-Gymnasien (Darstellung übernommen aus Elternbrief Nr. 101, Dezember 1999, des Elternvereins NRW e.V., als gekürzte Fassung des Beitrages in: REFLEX 1999, Jahrbuch des Arbeitskreises Gesamtschule e.V.)
Studie des MPIB 1997
im Rahmen von BIJU
(Bildungsverläufe und psychosoziale Entwicklung im Jugendalter)

Der Vergleich wurde im Frühjahr 1997 durchgeführt vom Max-Planck-lnstitut für Bildungsforschung Berlin (MPIB) im Rahmen des Forschungsprojektes BIJU. Er wurde veröffentlicht Ende September 1999 in der "Zeitschrift für Erziehungswissenschaft", 3/1999, S. 385-422, unter dem Titel "Wege zur Hochschulreife: Offenheit des Systems und Sicherung vergleichbarer Standards".

Die Stichprobe des Vergleichs umfaßte 1573 Schülerinnen und Schüler, 991 von 19 Gymnasien und 582 von 12 integrierten Gesamtschulen in NRW. Im Vorfeld wurden untersucht: die kognitiven Grundfähigkeiten, die fachlichen Eingangsvoraussetzungen und die soziale Herkunft.

Qualifikation bei Eintritt in die Oberstufe:

Gesamtschüler:

  • unter Realschulniveau
  • zwei Noten schlechter als Gymnasiasten
Bezüglich der fachlichen Eingangsvoraussetzungen stellte sich heraus: "Die Fachleistungen der Schüler, die an Gesamtschulen in die Oberstufe wechseln, entsprechen weitgehend den in Erweiterungskursen erreichten mittleren Werten, die wiederum unter dem mittleren Realschulniveau bleiben" (S.404).

Gegenüber den Schülern, die an Gymnasien in die Oberstufe überwechseln, liegt der Abstand der Gesamtschüler, die in die Oberstufe wechseln, bezüglich der Eingangsvoraussetzungen in Mathematik zu Beginn des 11. Jahrgangs "bei ungefähr einer Standardabweichung" (S.404, Anmerkung des Verfassers: entspricht hier zwei Notenstufen)

bewährte Testaufgaben aus TIMSS III und Standardstoff der Mittelstufe Der eigentliche Test bestand aus 25 Mehrfachwahlaufgaben (multiple choice), von denen 17 sich schon in der TIMSS III bewährt hatten. Acht weitere Aufgaben nahmen Standardstoffe der Mittelstufe wieder auf (s. S. 399 und 402).
Alarmierenden Ergebnisse Die alarmierenden Ergebnisse des Vergleichs lassen sich am besten mit Hilfe der MPIB-Grafik (S. 410) erkennen. Dort sind einerseits die in den einzelnen Kursen der beiden Schulformen erreichten Leistungen dargestellt, andererseits ist aber auch erkennbar, welche unterschiedlichen Noten an den beiden Schulformen für gleiche Leistungen erteilt worden sind. (Zur besseren Verständlichkeit wurden nachträglich von mir mit senkrechten Strichen die Notenstufen eingetragen und mit waagerechten Strichen die divergierenden Benotungen verbunden).

Auswertung Leistungskurse an den Gesamtschulen erreichen noch nicht einmal das Niveau von gymnasialen Grundkursen (S. 405).

Ein "gut" in Grundkursen von Gesamtschulen wäre in Grundkursen von Gymnasien "ausreichend minus", ein "befriedigend" wäre "mangelhaft", und ein "ausreichend" in einem Gesamtschulgrundkurs wäre am Gymnasium ein "ungenügend".

  Ein "gut" in Leistungskursen von Gesamtschulen wäre in Leistungskursen von Gymnasien ein "ausreichend minus", ein "befriedigend" wäre ein "mangelhaft minus", und ein "ausreichend" wäre am Gymnasium ein "ungenügend". (Die Richtigkeit dieser Auswertungen ist von Seiten des MPIB bei anderer Gelegenheit bestätigt worden, z. B. im ZDF-Magazin "Frontal", 12.10.1999).

Der Unterschied in den Bewertungen beträgt also im Mittel mehr als zwei ganze Notenstufen und nicht "etwa eine ganze Notenstufe". Hier irrte die dpa in ihrer Vorabinformation vom 2.9.1999 - und verharmloste so die Rezeption dieser alarmierenden Befunde durch die Presse.

Konsequenzen Viele Schülerinnen und Schüler, die an integrierten NRW-Gesamtschulen mit befriedigenden oder ausreichenden Leistungen das Abitur bestanden haben, wären an NRW-Gymnasien nicht einmal zum Abitur zugelassen worden - und machen daher ihre Grenzerfahrung erst in der weiteren Ausbildung.
Verbesserungsvorschlag des Arbeitskreises Gesamtschule e.V. Ein vom Arbeitskreis Gesamtschule e.V. wiederholt vorgetragener Verbesserungsvorschlag

Die Umwandlung integrierter Gesamtschulen in additive Gesamtschulen nach Art der hessischen "schulformbezogenen Gesamtschulen", mit Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialzweigen wäre ein erwägenswerter Ausweg - effektiver, kostengünstiger und begabungsgerechter. Die hessischen additiven Gesamtschulen schnitten bei Vergleichsstudien von H. Fend (1) erheblich besser ab "als insbesondere die in Zweierdifferenzierung arbeitenden integrierten Gesamtschulen Nordrhein-Westfalens".

(1) Prof. Dr. H. Fend: "Determination von Schulleistungen: Wie wichtig sind die Lehrer?" in der Zeitschrift "Unterrichtswissenschaft" 1984 (Nr. 1) 68-86.


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Köln, 2007-01-15 . Kontakt | Impressum