Verwaltungsmanagement.info - Studium  - Nachhaltig Lernen
Studieren erfordert nachhaltiges Lernen - Version 1.05

Siehe hierzu auch den Diskussionsbeitrag sowie den Teil Lernen
Druckfassung

1. Zusammenfassung

    1. Studieren ist anstrengend und erfordert Anstrengungsbereitschaft.
       
    2. Für den Studienerfolg sind Sie selbst verantwortlich, Sie müssen Ihren Weg unter den gegebenen Bedingungen durch die Ausbildung finden.

      Wer ein Ziel hat,
      nimmt auch schlechte Straßen in Kauf.

      Kyrilla Spiecker


       
    3. Dazu müssen Sie auch Ihre eigenen Orientierungen, Ihr Arbeits- und Lernverhalten auf das Ziel nachhaltigen Lernerfolgs ausrichten. Lernen ist keine Bringschuld von Fachhochschule, Praktikums- oder Ausbildungsbehörde.
       
    4. Was Sie in einem Studienabschnitt lernen, muss in den weiteren Studienabschnitten verfügbar sein, Sie müssen nachhaltig lernen.
       
    5. Deshalb muss die Vorbereitung auf Klausuren ein Zusatzaufwand und nicht der zentrale Lernaufwand im jeweiligen Fach sein. Es muss kontinuierlich und effizient gelernt und das Gelernte auch wiederholt werden.
       
    6. Dies gilt trotz des Intervall-Studiums, d. h. auch über Praktika hinweg.

2. Ausgangslage

Diese Ausführungen haben einen konkreten Hintergrund:

  1. 17 % eines Lehrgangs fielen in der Zwischenprüfung durch.
  2. Einige Studierende erreichten in der Klausur im HS II im Teil BWL/Org/OE - nach etwa 120 Stunden Unterricht und einer Ausbildungszeit von insgesamt 25 Monaten - 0 Rangpunkte - angesichts der Aufteilung der Klausur in Teilaufgaben zu unterschiedlichen Themen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad, mit Wahlmöglichkeit zwischen Aufgaben, eine Leistung, die ein ordnungsgemäßes Studium nicht erkennen lässt.
  3. Es wird über die Studienbedingungen geklagt, man habe teilweise bis zu 40 Stunden Unterricht in der Woche, dann könne man den Stoff gar nicht mehr nachbereiten, es gäbe viele Stundenausfälle und -verlegungen, der ständige Wechsel zwischen Studium und praktischen Ausbildungsabschnitten sei belastend, usw.

Diese Probleme betreffen nicht alle Studierenden, und wer immer betroffen sein mag, der wird in unterschiedlichem Maße betroffen sein. Aber sie prägen Bild, Stimmung, Verhalten, sie schicken sich an, Teil unserer Lernkultur zu werden (oder sind sie es schon?). Es gibt viele erfreuliche Gegenbeispiele, das soll hier ausdrücklich anerkannt werden, und niemand muss sich einen Schuh anziehen, der ihm nicht passt.

Die beschriebene Ausgangslage erfordert - auch im Hinblick auf die zu führende Diskussion über die Weiterentwicklung des Studiums - einige Klärungen, zu denen dieser Diskussionsbeitrag anregen will.

3. Bemerkungen zur aktuellen Lage (Diskussionsbeitrag)

  • Es geht nicht ohne Anstrengung

Studieren ist anstrengend. Der Erfolg ist abhängig von der Anstrengungsbereitschaft. Gehen Sie davon aus, dass Sie das Zeug zum Erfolg haben - schließlich haben Sie das Auswahlverfahren erfolgreich durchlaufen.

Denken Sie daran, dass die Anstrengungsbereitschaft auch ein Eignungsmerkmal ist, fehlende Anstrengungsbereitschaft bedeutet im Klartext fehlende Eignung für den Beruf, für den Sie sich vorbereiten.

  • "Die Anderen" sind nicht schuld

Fehlende Anstrengungsbereitschaft verbirgt sich gern hinter Erklärungen, dass die anderen, die Dozenten, die Umstände, das System am Misserfolg schuld sind. Zum Thema "Motivation" können Sie einige Hinweise bei meinem Kollegen Litzcke nachlesen, dessen Skript (Litzcke, Arbeits- und Lerntechniken) Sie hier im Internet finden. Im Übrigen aber gilt, dass diese Gründe Misserfolg nicht erklären können. Unter den gegebenen und teilweise sogar schlechteren Bedingungen haben andere es geschafft, Lehrgänge vor Ihnen, und andere Kolleginnen und Kollegen in Ihrem Lehrgang. Studierende an externen Fachhochschulen sind teilweise ganz anderen Anforderungen unter schwierigeren Bedingungen ausgesetzt. Der Vergleich mit Klausuren anderer Beamtenfachhochschulen gibt auch keine Veranlassung für die Vermutung, von Ihnen würde hier zu viel verlangt. Schließlich sei auch noch erinnert an ein psychologisches Gutachten des Didaktischen Zentrums vor etlichen Jahren zur Überlastung im Grundstudium, das das Gegenteil ergeben hat.

Gehen Sie davon aus, dass die Dozenten, die Umstände, das System, die Fachhochschule, das BVA sich nicht nach Ihnen richten werden, sondern Sie Ihren Weg unter den gegebenen Bedingungen durch die Ausbildung finden müssen - und dazu gehört die Bereitschaft, nicht vor der Verantwortung für den eigenen Studienerfolg zu flüchten und die Gründe bei anderen zu suchen. Dazu gehört die eigene Anstrengung einschließlich der Überprüfung der eigenen Einstellungen, Strategien, Verhaltensweisen.

  • Erforderlich ist intellektuelle und emotionale Anstrengung

"Anstrengung" heißt nicht einfach nur Fleiß, Pauken. Anstrengung, die hier gefordert ist, ist vor allem eine intellektuelle und emotionale Anstrengung:

  • Sie müssen bereit sein sich auf Neues einzustellen, sich mit Themen zu beschäftigen, auch wenn sie Ihnen nicht lieb sind, Sie müssen vorhandene Praxiserfahrungen überprüfen und es zulassen, dass Dozenten ihnen neue Perspektiven auf Ihre bisherigen Einsichten, Ansichten und Interpretationen der Praxis und der Welt vermitteln.
     
  • Sie sind verantwortlich für Ihre Motivation, und wenn es ein neues und schwieriges Fach oder Thema ist, dann ist es nicht die Aufgabe des Dozenten, Sie dafür zu begeistern. Dozenten sind keine Animateure, sondern Fachleute auf ihrem jeweiligen Gebiet die sich nach besten Kräften bemühen, ihr Wissen weiterzugeben und Sie auf die Anforderungen der Praxis und der Prüfung vorzubereiten.
     
  • Und Sie werden für eine Verwaltung ausgebildet, die sich bewegt und sich bewegen muss, entsprechend der Dynamik unserer Gesellschaft. Deshalb müssen Sie auch Aufgaben bewältigen, für die es keine fertigen Rezepte, überhaupt kein gesichertes Vorgehensmodell, sondern viele widersprüchliche Meinungen gibt. Auch in solchen Situationen müssen Sie sich bewähren können mit dem Handwerkszeug, das Sie im Studium erwerben. Sicherheit und endgültige Erkenntnisse gibt es weder bei den wissenschaftlichen Studienfächer noch in der Praxis einer modernen Behörde. - Das alles gilt für Sie nicht, weil Sie als Aufsteiger eh ...? - Wenn Sie dieser Ansicht sind, lesen Sie die Anmerkung in FN1.
     
  • Zum Lernen gehört, sich auf Neues, Risiko, Fehler einzulassen

Gelernt haben Sie nur, wenn Sie etwas Neues erfahren haben, gelernt haben Sie z. B. immer dann, wenn Sie einen Fehler entdeckt und ihn korrigiert haben - auch wenn das schwer fallen mag. Über erkannte und korrigierte Fehler müssen Sie sich freuen statt dies als Misserfolg zu bedauern. Wenn Sie nach einer Stunde feststellen, Sie haben alle Fragen beantworten können, haben Sie in dieser Stunde nichts gelernt.

Und wenn Sie Wahlfächer so belegen, dass Sie sich auf dem jeweiligen Gebiet schon auskennen, heißt das: sie werden vielleicht nur noch wenig lernen!

  • Sie müssen eigenverantwortlich effizient lernen

Gefordert ist, effizient zu lernen und zu arbeiten. Sie müssen also Ihr eigenes Lern- und Arbeitsverhalten überprüfen, was wesentlich schwerer ist als irgendwelche neuen Begriffe zu pauken, die Sie in Ihr bisheriges Weltbild einfügen können[FN2]. Gefordert ist Eigenverantwortung nicht nur für Inhalte und Umfang und Zeit des Lernens, sondern für die Lernmethodik, Ihre Arbeitsorientierungen und Verhaltensweisen und Ihre Initiative in den Fachgebieten, in denen das Studium Sie qualifizieren soll (mehr dazu im Beitrag "Methodenkompetenz" im Online-Verwaltungslexikon m.w.N.).

  • Nur nachhaltiges Lernen bringt wirklich etwas

Zum richtigen Lernverhalten gehört nachhaltiges Lernen. Das, was im Grundstudium behandelt wurde, muss in allen späteren Ausbildungs- und Studienabschnitten und auch noch in der Laufbahnprüfung verfügbar sein. Die Vorbereitung auf Klausuren muss ein Zusatzaufwand und nicht der zentrale Lernaufwand im jeweiligen Fach sein. Das Gegenteil wird zur Zeit anscheinend häufig praktiziert, jedenfalls ist es eine immer wieder gemachte Erfahrung, dass der Stoff aus früheren Lernabschnitten nicht mehr verfügbar ist, darauf also auch nicht aufgebaut werden kann. Vielleicht ist dies aber auch ein Thema, mit dem sich eine gemeinsame Arbeitsgruppe beschäftigen sollte.

Mein Eindruck ist, dass einige bereits im Grundstudium in dieser zentralen Frage anders vorgehen und damit einigermaßen erfolgreich sind. Das ist ein gefährliches Erfolgserlebnis, denn das auf diese Art und Weise Gelernte beherrschen Sie nicht sicher und auf Dauer - und es verleitet zu einer grundlegend falschen Lernorientierung. Erfreulich ist, dass ich auch viele Gegenbeispiele habe, die ermutigen und diese Ratschläge bestätigen, die belegen was es bringt, die Lernmöglichkeiten auszuschöpfen!

  • Es geht nicht ohne Wiederholungen

Was Sie im Fach BWL im Grundstudium gelernt und für das Hauptstudium bis zur Laufbahnprüfung verfügbar haben sollen, können Sie hier im Internet nachlesen (Wiederholungsaufgaben zum Grundstudium) - und sollten Sie überprüfen um Themen zu wiederholen, wenn Sie Lücken feststellen.

Nur wenn Sie in einem Fach kontinuierlich lernen und das Gelernte sinnvoll wiederholen (Einzelheiten siehe wieder Litzcke, Arbeits- und Lerntechniken), werden Sie diesen nachhaltigen Lernerfolg haben.

Rechtzeitiges Wiederholen spart übrigens Arbeit, weil sie wenig Zeit kostet, während Sie sonst den Stoff praktisch mit dem Anfangsaufwand erneut lernen müssen. Ebenso lohnt sich die Investition in effiziente Lern- und Arbeitstechniken, sie ist "wirtschaftlich" (im Sinne dieses Fachbegriffs).

  • Dies gilt trotz des Intervall-Studiums

Sie müssen also während aller Studienabschnitte

  • nachhaltig lernen, damit Sie es auf Dauer beherrschen
  • das Gelernte auch über Zwischenstationen hinweg festigen (durch Anwendung in den Praktika bzw. durch Wiederholung des Stoffes).

4. Zu den konkreten Klagen (s. oben 1 c)

  1. "Man hat teilweise bis zu 40 Stunden Unterricht in der Woche ..."
    Richtig: "teilweise"!. Diese Überlastung besteht nur zeitweise, z.B. während 6 bis 8 Wochen im HS II, wenn Seminare in den Schwerpunktfächern stattfinden. In den anderen Zeiten ist die Belastung entsprechend niedriger, sie liegt durchschnittlich bei etwa 29 Stunden pro Woche. Es kommt deshalb darauf an, die Zeiten geringerer Belastung systematisch zu nutzen - und die Zeiten der Spitzenbelastung sind nicht der Regelfall!

    Dass die Belastung mit 29 Stunden pro Woche eigenständiges Vor- und Nachbereiten des Unterrichts erschwert, ist allerdings durchaus ein Problem. Mit einer 40-Stunden-Woche wäre manche(r) Studierende glücklich, es sind (müssen oft) mehr sein. Das wird im Rahmen der Neugestaltung der Ausbildung zu überdenken sein, wenn es nicht mehr darum geht, Unterrichtszeiten zu planen, sondern die Arbeitszeit der Studierenden. - Entlasten Sie sich auch dadurch, dass Sie die Praktika-Zeiten zum Lernen nutzen!
  2. "Es gibt viele Stundenausfälle und -verlegungen"
    Wer ständig etwas zu lernen, nachzuschlagen, vorzubereiten hat, hat damit eigentlich keine Mühe. Hängen Sie nicht an den Lippen des Dozenten, der Ihnen die letzten Geheimnisse für die nächste Prüfung verrät - beschäftigen Sie sich selbständig mit dem Stoff. Genügend Hilfen und Hinweise haben Sie!
     
  3. "Der ständige Wechsel zwischen Studium und praktischen Ausbildungsabschnitten ist belastend"
    Sie werden im "Dualen System" ausgebildet, das inzwischen als immer attraktiver eingeschätzt wird, zahlreiche Firmen bieten es inzwischen in Kooperation mit Hochschulen an. Der Wechsel ist vor allem dann belastend, wenn man im Studium keine feste Grundlage gefunden hat! Allerdings sind sich alle Beteiligten einig, dass noch nach Verbesserungen gesucht werden muss.

Anmerkungen

[FN1]: Sie meinen vielleicht: Das alles gilt für Sie nicht, weil Sie als Aufsteiger eh an einen Arbeitsplatz zurückkehren/kommen, an dem das nicht verlangt wird? Pardon, ich zitiere hier die Aussage eines/einer Studierenden!

  • Sind Sie sicher, dass das auch noch in 5 Jahren gilt?
  • Außerdem hat die Fachhochschule den gesetzlichen Auftrag, Sie auf die beschriebenen Anforderungen vorzubereiten. Wenn Sie den Aufstieg schaffen wollen, müssen Sie sich dem gesetzlichen Bildungsauftrag der FH Bund anpassen, und sei es auch nur als Weg zu Ihrem persönlichen Ziel. Seien Sie versichert: die FH Bund wird sich Ihrem Wunsch nach einer begrenzten Ausbildung auf geringerem Anforderungsniveau nicht anpassen! [Zurück]

[FN2] s. Stichwort „Lernen, Intensitätsstufen ...“ im Online-Verwaltungslexikon olev.de.   Zurück   

[FN3] Eine kurze Schilderung z.B. bei Hill, Hermann: Die Neue Selbständigkeit fördern. Einführender Vortrag im Workshop W 1 der „E-Learing in der öffentlichen Verwaltung“ bei der Learntec am 30. Januar 2001 in Karlsruhe, http://www.dhv-speyer.de/hill/Publikationen/Learntec2001.pdf, 13.02.2002. Zur Entwicklung unserer Gesellschaft allgemein und die Folgerungen für die Arbeitswelt und die Ausbildung s. meine Materialsammlung.   Zurück

  

 

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Köln, 2006-04-05 . Kontakt | Impressum