Modernisierungsbilanz des BMI - mit kleinen Schönheitsfehlern?
(Beitrag in Verwaltungsmanagement.Info, Version 2.03)

In der vom BMI verbreiteten Presseerklärung[FN1] heißt es:

Bundesinnenminister Otto Schily zog in Berlin eine positive Bilanz:

"Mit unserem Programm `Moderner Staat - Moderne Verwaltung` haben wir klare Ziele für eine Verwaltung gesetzt, die mehr leistet und weniger kostet. Und wir haben unsere Ziele auch realisiert. Der Zwischenbericht zeigt: die Bundesverwaltung ist in raschen Schritten moderner und effizienter geworden. So setzen 96 Prozent der Bundesbehörden heute auf Controllinginstrumente, 77 Prozent der Personalstellen des Bundes sind inzwischen von der Kosten-Leistungsrechnung erfasst, die Zahl der Bundesbehörden wurde seit 1998 von 654 auf 445 Behörden verringert. Verwaltungshandeln ist transparenter und bürgernäher geworden. Die Behörden des Bundes haben unter dem Leitbild des aktivierenden Staats leicht zugängliche Bürgerservices für Fragen, Vorschläge, Kritik und Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger eingerichtet. Allein im Bundesministerium des Innern wurden im vergangenen Jahr rund 10.400 Anfragen vom Bürgerservice schnell und sachgerecht beantwortet."

Also eine rundum positive Bilanz. Im Internet[FN2] finden sich auch die folgenden Formulierungen:

Anmerkung zur Reform des Haushalts- und Rechnungswesens

Gleichzeitig dokumentiert der Fortschrittsbericht 2004 des BMF an den Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages eine Abnahme des KLR-Einsatzes um 25 % im Jahr 2004.

Zum tatsächlichen Stand der Umsetzung bei dem zentralen Aspekt des Haushalts- und Rechnungswesens vermerkten Budäus / Behm / Adam bereits Anfang 2005[FN3]:

Auf Bundesebene findet trotz der Entwicklung eines Konzepts der Kosten- und Leistungsrechnung im Jahr 1997 faktisch so gut wie kein Reformprozess statt.

Zwar sind in einzelnen nachgeordneten Bundesbehörden Kosten-/Leistungsrechnungen eingeführt worden. Allerdings fehlt es hier an einer systematischen Verknüpfung mit der Budgetierung. Die Kosten- und Leistungsinformationen in Form von Produktinformationen werden, sofern sie denn überhaupt systematisch betrieben werden, nur ergänzend bereitgestellt.

Ohne für Einzelfallentscheidungen vor allem die Nutzung der Kostenrechnung grundsätzlich in Frage stellen zu wollen, bleibt das handlungsleitende System auf Bundesebene nach wie vor ausschließlich der kamerale Haushalt. Vor diesem Hintergrund besitzt die Kosten- und Leistungsrechnung teilweise wohl nur Legitimationsfunktion. Der allgemeinen Forderung nach einer Reform des öffentlichen Rechnungswesens wird Rechnung getragen, ohne dass sich an den bisherigen Kriterien des Verwaltungshandelns grundsätzlich etwas ändert.

 
Diese ernüchterne Bilanz der ausgewiesenen Experten dürfte nach gut einem halben Jahr nicht anders ausfallen.

Was sie zum Haushalts- und Rechnungswesen sagen, gilt entsprechend für andere Aspekte der Binnenmodernisierung. Einige wenige positive Beispiele sind zu finden, aber ein konsequent umgesetztes Gesamtkonzept (siehe dazu den Beitrag zum Neuen Steuerungsmodell im Online-Verwaltungslexikon) ist kaum zu finden, ebenso wenig ein überzeugender Einsatz zentraler Instrumente:

mit erkennbarem Gewinn für eine moderne Steuerung - oder auch nur eine konsequente Führung (siehe die Checkliste für eine gute Kommunalverwaltung der KGSt).

Ebenso fehlt in aller Regel der Nachweis, dass die Modernisierungsaktivitäten ihrerseits ziel- und ergebnisorientiert betrieben worden sind oder werden und nachweislich (!) Gewinn gebracht haben. "Nachweise" wären Verbesserungen bei wesentlichen Kennzahlen (Wirkung/Outcome, Qualität, Stückkosten, Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit), objektiv erhoben, und externe Evaluation der Reformaktivitäten.

Weiterer Beitrag zu diesem Thema:

die Anmerkungen zum Konzept der Bundesregierung für die 2. Phase der Binnenmodernisierung der Verwaltung hier auf dieser Website.

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Anmerkungen

[1]

als Newsletter verbreitet. Die Informationen auf der Website staat-modern.de sind nicht wortidentisch, vgl. z.B. http://www.staat-modern.de/-,10007.845330/Fortschritte-im-Modernen-Verwa.htm?global.back=/. Der folgende Text findet sich aber in beiden Quellen:

"Moderne Managementinstrumente für ergebnisorientierte Steuerung sind gelebte Verwaltungspraxis. Rund 96% der Bundesbehörden arbeiten mit Controllinginstrumenten oder beabsichtigen deren Einführung; 77% der Personalstellen des Bundes sind inzwischen von der Kosten-Leistungsrechnung erfasst, die mehr Kostentransparenz und ein verstärktes Kostenbewusstsein ermöglicht."

[2]

http://www.staat-modern.de/-,10007.845330/Fortschritte-im-Modernen-Verwa.htm?global.back=/

[3]

Budäus / Behm / Adam: Reformen des öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens in Deutschland. Stand, Konzepte, Entwicklungsperspektiven. Teil 3, in: Verwaltung und Management 2005, 48, 51.

   

 


Verantwortlich und © Copyright:
Prof. Dr. Burkhardt Krems
, Köln,
2006-11-09
http://www.verwaltungsmanagement.info/bund_reform2.htm